Verschobene Besoldungsanpassung – Argumente der Landesregierung irreführend
Die Argumentation der Landesregierung bezüglich der im kommenden Jahr vorgesehenen Besoldungsanpassungen ist irreführend. „Innen- und Finanzminister sowie die Regierungsfraktionen machen nicht hinreichend klar, dass es sich lediglich um einen Standardvorgang handelt, nämlich die Übertragung eines ausgehandelten Tarifergebnisses für die Landesbeschäftigten auf die Beamten“, erläutert Schmitt.
Dass im kommenden Jahr lineare Anpassungen in einer durchaus respektablen Größenordnung von 4,8% bzw. 5,5% vorgesehen sind, geht auf den Tarifvertrag für die hessischen Landestarifbeschäftigten vom März 2024 zurück, mit dem die hohen Inflationsraten der zurückliegenden Jahre ausgeglichen werden sollen.
Das Wirksamwerden der Anpassungen geschieht also nach bisheriger gesetzlicher Regelung ohnehin erst 12 bzw. 18 Monate nach Auslaufen des alten Tarifvertrags (31.01.2024) und 14 bzw. 20 Monate nach der letzten Besoldungserhöhung (01.01.2024). In der Zeit dazwischen waren lediglich Inflationsausgleichszahlungen von insgesamt max. 3.000 Euro gezahlt worden.
Die Beschäftigten in Bund, Kommunen und den Bundesländern außer Hessen hatten ihre Einkommensrunden bereits 2023 abgeschlossen, und zwar in gleicher Höhe.
Auch dort wurde die Übertragung der Ergebnisse auf die Beamten durchweg gesetzlich verabschiedet.
Hessen ist sogar der einzige Rechtskreis bundesweit, der nun den Zeitpunkt der Besoldungserhöhung verschieben will! All’ das vermissen wir in der Argumentation der Landesregierung.
Von der Landesregierung wird auch nicht dargestellt, dass die beabsichtigte Verschiebung der Anpassung vom 1.8.2025 auf den 1.12.2025 die Inflationsausgleichszahlungen teilweise wieder aufzehrt. Damit werden den Beamten in den untersten Besoldungsgruppen rd. 400 Euro bis weit über 1.000 Euro in der Spitze der A-Besoldung wieder weggenommen. Auch, dass die schwarz-grüne Landesregierung die Statusgruppen Tarifbeschäftigte und Beamte in der 19. Legislaturperiode schon einmal auseinanderdividiert hat, darf nicht verschwiegen werden.
Die Nullrunde 2015 und die Anpassung 2016 um lediglich 1% bei den Beamten finden seitens der Landesregierung keinerlei Beachtung mehr, obwohl sie dem Landeshaushalt über die Jahre mehr
als 2 Mrd. Einsparung brachten. Erst seit 2017 wurden die Tarifergebnisse wieder auf Beamte übertragen. „Hinzu kommt, dass nach Feststellung des Verwaltungsgerichthofs in Kassel vom November 2021 die Besoldung der hessischen Beamten als bereits seit 2013 deutlich verfassungswidrig eingestuft wurde“, sagt Heini Schmitt.
Zwar ist der Vorlagebeschluss vom BVerfG noch nicht entschieden, es bestehen jedoch keine Zweifel, dass mit den per Besoldungsgesetz 2023/2024 beschlossenen Anpassungen um 2 x 3% die vom VGH für das Jahr 2020 festgestellte, um 24,3% zu niedrige Besoldung eines Beamten am unteren Rand des Besoldungsgefüges längst nicht repariert ist. Dies hatte die Landesregierung in der Begründung des Besoldungsgesetzes 2023/2024 auch ausdrücklich selbst festgestellt und weitere Schritte für notwendig erachtet.
Dafür gab es dann auch vor der Landtagswahl konkrete und im Koalitionsvertrag wenigstens noch abgeschwächte Zusagen. „Doch schon die erste Gelegenheit, mit dem Nachtragshaushalt 2024 den nächsten Schritt zu verabschieden, wurde ausgelassen“, sagt Heini Schmitt. Die nächste Gelegenheit, das Haushaltsgesetz 2025, soll nun statt für weitere von der Verfassung dringend gebotene Erhöhungen für die in Rede stehende Verschiebung genutzt werden. „Die Landesregierung verschweigt in der jetzigen Debatte auch völlig, dass wir seit 2015 angemahnt hatten, Rücklagen zu bilden“, erinnert Heini Schmitt.
Sie stellt auch die erst in dieser Legislaturperiode beschlossenen Mehrausgaben in Milliardenhöhe bspw. für die HeLaBa und das Hessengeld nicht einmal in Teilen auf den Prüfstand, obwohl das BVerfG einen „Quasi-Kassensturz“ verlangt, wenn eine Regierung die Beamten zur Haushaltskonsolidierung heranzieht.
Es kann auch nicht unwidersprochen stehenbleiben, dass die jetzige Haushaltssituation wie „scheinbar vom Himmel“ gefallen sei. Vielmehr haben alle Fakten auf eine solche Entwicklung hingedeutet, und zwar schon im letzten Jahr. „Unter all’ diesen Gesichtspunkten könnte man fast schon der Eindruck entstehen, dass das Besoldungsgesetz 2023/2024 lediglich eine Beruhigungspille für die Beamten vor der Landtagswahl gewesen sein soll“, erklärt Heini Schmitt. „Offenbar hofft man darauf, dass sich die Gemüter der Beamten bis zur nächsten Landtagswahl wieder beruhigen werden. Angesichts der Dimension des Vertrauensverlusts dürfte das aber wohl nicht geschehen“, prophezeit Heini Schmitt.
Es könnte der Landesregierung auch auf die Füße fallen, wenn das Bundesverfassungsgericht im Klageverfahren des dbb Hessen abschließend urteilen wird. „Wir gehen davon aus, dass das
Bundesverfassungsgericht die Entscheidung des Verwaltungsgerichthofs bestätigen wird“, sagt Heini Schmitt. Das würde bedeuten, dass sich das Land neben der nach wie vor zu leistenden
Anhebung der Besoldungstabelle (um den Mindestabstand von 15 Prozent zur Grundsicherung herzustellen) zusätzlich mit erheblichen rückwirkenden Entschädigungen konfrontiert sehen wird.
Was die Beamten ebenfalls nun alarmiert und aufgebracht hat, ist die Unverfrorenheit, mit der ein wenige Monate zuvor beschlossenes Gesetz in Teilen wieder einkassiert werden soll. „Wenn die
verabschiedeten Gesetze nach so kurzer Zeit nicht mehr gelten sollen, ist das ein höchst alarmierendes Signal, dass möglicherweise auch andere Gesetze nach Kassenlage einkassiert werden könnten“, ist Schmitt besorgt. „Das könnte der Anfang eines echten Dammbruchs sein.“
Von dem verheerenden Signal auf die Bürgerinnen und Bürger sowie auf die jungen Menschen, die vor der Entscheidung stehen, eine Beamtenlaufbahn in Hessen anzustreben, ganz zu schweigen.
dbb-Pressemeldung vom 25.11.2024
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