Stellungnahme zum Erlass “Einstellungsverfahren in den hessischen Schuldienst”

vom | Kategorie: Allgemein

Der Hessische Philologenverband äußert sich zum neuen Einstellungserlass
Die intendierten Veränderungen bezüglich der Verwaltungsabläufe (z.B. elektronische Bewerbungen) entsprechen aktuellen Bedürfnissen und Bedingungen. Dies und auch redaktionelle Überarbeitungen zur besseren Lesbarkeit und korrekten Verwendung von Begrifflichkeiten sind natürlich unstrittig.
Unbehagen ruft jedoch die Tendenz hervor, die Hürden für einen Einstieg in den Schuldienst niedriger zu legen. Damit versucht man in der angespannten Situation des Lehrkräftemangels eine – politische – Lösung zu finden und den Quereinstieg hoffähiger zu machen.

Wenn in Zukunft bereits die Erste Staatsprüfung für ein Lehramt ausreichen soll, um eine unbefristete Einstellung als beschäftigte Lehrkraft zu erhalten (vgl. Ziffer 2.4), so lässt sich dies nicht mit unserem generellen Anspruch vereinbaren, auch wenn diese Option lediglich bei einer Zweitausschreibung und bei Mangelfächern eröffnet werden soll. Eine feste Einstellung, ohne ein Referendariat absolviert zu haben, ist für uns nicht denkbar, das stößt aufgrund der Erfahrung auf allgemeines Unverständnis. Zu groß ist das Risiko, unbefristete Einstellungen zu gewähren, ohne dass das notwendige pädagogisch-didaktisches Wissen gesichert ist.

Zugeständnisse sind zwar offensichtlich notwendig, mittelfristig und parallel dazu muss dringend der Lehrerberuf beworben werden, und zwar durch das Ausräumen von Mängelfaktoren wie zu große Klassen, hohe Arbeitsbelastung, eingeschränkte Aufstiegsmöglichkeiten. Schule darf auch nicht zu einer „Sozialagentur“ für all das werden, was in unserer Gesellschaft schiefläuft. Kontraproduktiv ist sicherlich auch, die Lehrperson – gemäß einer angeblich progressiven schulpolitischen Idee – zum Moderator von Lernprozessen zu degradieren. Lehrpersonen benötigen die Chance zu lehren im wahrsten Sinne des Wortes, beruhend auf ihrem soliden Fachwissen, begeistert vom Fachgegenstand, auf einem angemessenen Niveau. Bedenklich wird es, wenn der Markenkern der gymnasialen Ausbildung, die Fachwissenschaft, leidet.
Die unter Ziffer 3.7 spezifizierte Bonus/Malus-Regelung beinhaltet ein fragwürdiges Entgegenkommen: Durch eine Unterrichtstätigkeit erworbene Bonuspunkte sollten auch wieder zeitnah verfallen, wenn keine Unterrichtserfahrungen mehr gesammelt werden.

Wiesbaden, den 01.11.2021
Reinhard Schwab, Landesvorsitzender hphv

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