Auch das noch? Sprachenvielfalt, Bildungssprache und durchgängige Sprachbildung. Herausforderungen für jede Lehrkraft.

vom | Kategorie: Berichte

Gut ausgebaute sprachliche Fähigkeiten sind eine Grundlage für jedes erfolgreiche Lernen – das ist eine Binsenweisheit. Inzwischen aber bringen Schülerinnen und Schüler an allen Schulformen, auch den Gymnasien, sehr unterschiedliche sprachliche Voraussetzungen für das Lernen mit. Dies hat verschiedene Ursachen – von den sozioökonomischen Voraussetzungen der Familien bis zur familialen Mehrsprachigkeit. Und anders als vielfach angenommen, ist das für die Aneignung von Bildung notwendige sprachliche Können und Wissen am Ende der Grundschule keineswegs erreicht.
Auf Einladung des Hessischen Philologenverbandes referierte Frau Prof. Ingrid Gogolin (Hamburg) im Rahmen einer digitalen Fortbildung am 1. November ihren Standpunkt. Sie erörterte Forschungsergebnisse zur Sprachentwicklung, wobei insbesondere die Chancen der Mehrsprachigkeit fokussiert wurden. Weiterhin erläuterte sie Konzepte, mit denen es Lehrerinnen und Lehrern gelingen kann, die Sprachverschiedenheit in Lerngruppen als Quelle für erfolgreiches Lernen zu nutzen. Als Beispiel dafür diente Physikunterricht im Kontext sprachlicher Diversität.

Im Anschluss nahmen die teilnehmenden Lehrkräfte die Gelegenheit wahr, Frau Prof. Gogolin zu befragen. Durchaus kontrovers wurde hierbei die Rolle der Mehrsprachigkeit diskutiert. Das Erlernen der Bildungssprache Deutsch stellt laut Prof. Gogolin keinen Widerspruch zum Erlernen der Herkunftssprache dar. Beides verstärkt sich gegenseitig . „Viele Chancen, auch das ökonomische Potential, lassen wir hier als Gesellschaft liegen“, so Gogolin. Sie erkenne nicht, dass das Fördern der Herkunftssprache dem Deutschen als Bildungssprache – das sie ganz klar bewahren wolle – schade. Einigkeit herrschte in der Runde darin, dass die Jugendlichen generell mehr Struktur und intensiver die Schriftsprache erlernen müssten, auch um sich in den digitalen Medien, die dies nicht von alleine vermitteln würden, zurechtfinden zu können.

Thorsten Rohde, stellvertretender Landesvorsitzender des Hessischen Philologenverbandes, dankte im Anschluss für Vortrag und Aussprache. Weitere digitale Formate wie das hier angebotene sollen folgen, da im Zuge steigender Flüchtlingszahlen der Umgang mit Sprache – nicht nur im hessischen Bildungssystem –  eine zentrale Herausforderung ist und bleiben wird.

Interessenten können sich über die Homepage des hphv über weitere Fortbildungen informieren. Nichtmitglieder zahlen jeweils eine Teilnahmegebühr. Bei Fragen und Anregungen schreiben Sie gerne an: rohde@hphv.de.

Prof. Dr. Ingrid Gogolin in Senior-Professorin für Interkulturelle und International Vergleichende Bildungsforschung an der Universität Hamburg. Sie verfügt über langjährige Forschungserfahrung zu Fragen der sprachlichen Bildung unter den Bedingungen zunehmender sprachlicher, kultureller und sozialer Vielfalt. Neben wissenschaftlichen Publikationen hat sie zahlreiche Arbeiten mit Bezug zur Bildungspraxis veröffentlicht. Beispiele dafür finden sich unter www.mehrsprachigkeit.uni-hamburg.de (Foto von Markus Scholz)

 

Thorsten Rohde

← zurück