Fortbildung „Handwerkszeug und Beratung im Umgang mit schwierigen Schülerinnen und Schülern“ des Bezirksverbandes Marburg

vom | Kategorie: Berichte

Immer wieder sind Lehrkräfte mit Schülerinnen und Schülern konfrontiert, die Störungen in der emotionalen und sozialen Entwicklung haben. Diese können temporär, aber auch langfristig sein und durch traumatische Erlebnisse im schulischen und/oder privaten Umfeld ausgelöst werden, aber sie können auch krankheitsbedingt sein. Der Bezirksverband Marburg hat daher am 5. Oktober 2022 zu einer Fortbildung in die Carl-Strehl-Schule eingeladen, um folgende Fragen zu diskutieren:

v.l. Dr. Ch. Roos (stellv. Vors. Bez. Marburg), M. Röthiger und D. Burk

Diana Burk und Michael Röthinger bilden das Schulleitungsteam Julie-Spannagel-Schule in Marburg, eine Förderschule für emotionale und soziale Entwicklung und eine Schule für Kranke.

Das große Interesse an der Fortbildung und die zahlreichen Fragen zu konkreten Fällen zeigte, dass die angesprochene Problematik vor Gymnasien keinen Halt macht.

Diskutiert wurden Fälle im Bereich Suizid, aggressivem Verhalten, Identitätstörung, Angststörung, Schulschwänzen und Schulabsentismus.

Die Problematiken sind alle in ihrer Auswirkung unterschiedlich. Gemeinsam ist ihnen, dass die individuelle Arbeit mit dem Kind und dem Elternhaus der Schlüssel zum Erfolg ist. Die Herausforderungen für die Schulen sind dahingehend, dass die Kapazitäten für eine erfolgreiche Arbeit mit den Kindern oft nicht vorhanden sind. So kann es Schüler-Eltern-Lehrer-Gespräche, Runde Tische etc. geben, aber die Umsetzung der Maßnahmen ist oft schwierig. Eltern können zwar bei Schulabsentismus ihre Kinder morgens zu Schule bringen, aber in der Schule lernen können die Kinder dadurch noch nicht. Auch bei einer stundenweisen Heranführung der Kinder an den Unterricht bleibt die Frage offen, wie die Kinder in den Fächern bewertet werden sollen, die sie nicht besucht haben. Die Note 6 wäre zwar formal richtig, führt aber zum Nichterreichen des Klassenziels und fördert damit nicht die Schulfähigkeit des Kindes. Hinzu kommt, dass die Schulzeit nicht beliebig verlängert werden kann.

In einigen Fällen kommt hinzu, dass durch das Verhalten und die Probleme eines Kindes auch einzelne Mitschüler oder gar die ganze Klasse in Mitleidenschaft gezogen werden kann. Vor allem bei Fällen von angekündigtem Suizid oder aggressivem Verhalten, das die Mitschüler psychisch und auch physisch betreffen und ebenfalls krank machen kann. Hier ist das pädagogische Geschick des Klassenlehrers gefragt, inwieweit er die Klasse involvieren kann oder sogar muss, um für Stabilität des einen Schülers zu sorgen oder ob ein Wechsel des Schülers in eine andere Klasse angemessen ist. Problematisch ist hierbei, dass nicht alle Schulen über Klassenlehrerstunden verfügen und somit Fachunterricht ausfällt, der nicht wieder nachgeholt werden kann.

Auch wenn die Schulen i.d.R. über Schulsozialarbeiter oder Schulseelsorger verfügen, gibt es Grenzen der Schulpädagogik und dem was Schulen leisten können.

Pauschale Lösungswege konnten auf der Fortbildung entsprechend nicht aufgezeigt werden. Wichtig war es zu erfahren, dass man mit den Problemen nicht allein ist und dass es Grenzen gibt, wo Lehrkräfte bzw. die Schule noch etwas machen können. Hilfreich war eine Liste mit Adressen, an die sich Lehrer und Schulleitung wenden können, wenn externe Hilfe notwendig wird. Auch eine entsprechende Förderschule darf kein Tabu sein. Ziel der entsprechenden Förderschulen ist es nicht, die Kinder dort zu „verwahren“, sondern so schnell wie möglich wieder schulfähig zu machen, damit sie ihr Bildungsziel erreichen können.

Dr. Christian Roos

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