Hygieneplan 4.0 im neuen Schuljahr – Die Corona-Pandemie wird die Schule (mit)bestimmen
Ein unsicheres Schuljahr steht uns bevor. Wie kompatibel sind die Pläne der Kultusbürokratie mit den Realitäten der Schulen?
Der Start in den schulischen „Regelbetrieb“ in der kommenden Woche ist ein notwendiger Schritt, denn die unmittelbare persönliche Interaktion von Lehrkräften und Schülern ist unersetzbar für den Bildungsprozess. Gleichzeitig ist dieser Schritt aber auch risikobehaftet. Reinhard Schwab, Vorsitzender des Hessischen Philologenverbandes, stellt dazu fest: „Der Bildungsanspruch der jungen Menschen steht außer Frage, er zwingt uns jedoch in eine Risikosituation hinein, deren Unkalkulierbarkeit uns belastet und herausfordert.“
Bei dem Versuch einer Annäherung an den Regelbetrieb ist hohe Wachsamkeit geboten. Die Sicherheit aller Beteiligten unter den Pandemiebedingungen auf der einen Seite und die Bildungsentwicklung der Schüler auf der anderen müssen in Einklang gebracht werden. Das Hessische Kultusministerium hat Ende Juni einen Hygieneplan verschickt mit Hygieneregeln zum Schutz vor dem Coronavirus. Die außergewöhnlichen Belastungen erfordern konsequente Maßnahmen: Kristallisationspunkte sind Mindestabstand, das Tragen von Masken, strenge Hygiene. Was jedoch fehlt, ist ein einheitliches Konzept. Jede Schulleitung soll selber entscheiden, ob sie eine Maskenpflicht für nötig erachtet oder nicht. So ist schon jetzt klar, dass es unterschiedliche Vorgehensweisen geben wird. Die Verantwortung wird an die Schulen abgegeben, die sich mit Masken-Befürwortern und Masken-Gegnern innerhalb der Schulgemeinde konfrontiert sehen. Weder für die eine noch für die andere Entscheidung gibt es eine Rechtsgrundlage. Unsicherheiten sind vorprogrammiert.
Weiterhin stellt sich die Frage nach der praktischen Umsetzbarkeit des Hygieneplans. Vollständige Klassen und Kurse sollen unterrichtet werden, die Abstandsregeln werden wegen der Klassengrößen ausgesetzt. In Besprechungen und Konferenzen sowie auf schulbezogenen Veranstaltungen soll jedoch ein ausreichender Mindestabstand von 1,5 Metern eingehalten werden. Logisch ist das nicht – das Coronavirus unterscheidet nämlich nicht zwischen Klassen- und Konferenzräumen. Die Philologen wünschten sich dringend die Verkleinerung der Klassen und das Einrichten fester Lerngruppen. Dieser sinnvollen Ausdünnung der Klassen steht jedoch der notorische Personal- und Raummangel an den hessischen Schulen entgegen, der in dieser Krisensituation wieder einmal offen zutage tritt.
Laut der Anweisung des Kultusministeriums sollen Schüler, die nicht am Präsenzunterricht teilnehmen können, digital zugeschaltet werden. Dazu hätten in den Sommerferien intensive Maßnahmen ergriffen werden müssen, um die Schulen und die Schülerschaft technisch auf einen aktuellen Stand zu bringen. Es hat sich jedoch im Bereich der Digitalisierung über die Ferien kein großer Fortschritt ergeben. So ist auch Plan B des Ministeriums, der Wechsel zwischen Präsenzunterricht und Lernen auf Distanz, kritisch zu hinterfragen. Begrüßenswert ist ein größtmöglicher „Regelbetrieb“ allemal; gleichwohl bleiben große Unsicherheiten bei allen Beteiligten, nicht zuletzt deshalb, weil das Ministerium klare Anweisungen für alle Schulen gleichermaßen scheut.
Pressemeldung vom 11.08.2020
Pressekontakt:
HESSISCHER PHILOLOGENVERBAND e.V.
Dr. Iris Schröder-Maiwald
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